Ich liebe die deutsche Sprache und ihre Gestaltungsmöglichkeiten. So schmunzele ich immer, wenn ich irgendwo meinen Familienstand angebe und aus den Antwortmöglichkeiten richtigerweise „alleinstehend“ auswähle.
Alleinstehend – oder aber besser „allein stehend“? – Ich halte dies für eine Stärke und einen persönlichen Vorzug, „alleine stehen“ oder aber „für sich alleine stehen“ zu können.
Natürlich ist man sehr gut zu sehen und scheint auch leichter angreifbar, wenn man alleine einer Mehrheit gegenübersteht und deren „Ja“ aus seiner Überzeugung heraus ein „Nein“ entgegensetzt. Aber: Ist das nicht eher ein Zeichen von Mut und oftmals einfach wünschens-wert, die Freiheit dazu zu haben, zu sagen: „Nein! – auch Mehrheiten können irren?“
Ich persönlich liebe gerade den Austausch mit Menschen, die häufig Standpunkte vertreten, die sich mir nicht unbedingt erschließen, die mir aber die Möglichkeit bieten, mich auch mit meinen Überzeugungen immer wieder neu auseinandersetzen zu können. Niemand wächst schließlich für sich allein – und neue Denkanstöße führen zur Belebung, Bestätigung oder aber oft auch zu einer Aktualisierung meiner alten oder vielleicht manchmal – für mich noch unerkannt – bereits festgefahrenen Denkmuster.
Wie viele andere neige ich sicherlich zu einem gewissen „Schubladendenken“ – hier bin ich ganz Mensch – aber ich bin auch gleichzeitig immer bereit, die „Schubfächer umzusortieren“, wenn ich neue Einsichten gewinne. Richtig frei ist nur, wer auch seine Ansichten und vorgefassten Meinungen einer ständigen Überprüfung unterzieht.
Und ja: Es ist ein Vorzug und die Grundbasis der Freiheit, selbst dann zu sich und seinen Überzeugungen zu stehen, wenn alle anderen sagen, dass man falsch liegt.
Wer in den Geschichtsbüchern blättert, wird erkennen, dass die meisten Ideen und Reformen, die wir heute rückblickend für wichtige Entwicklungsschritte halten, oft nicht „mehrheitsfähig“ waren und von den Zeitgenossen mitunter als „Utopien und Träumereien von Phantasten“ verunglimpft wurden.
Ich stelle mir, während ich dies schreibe, gerade in Gedanken vor, dass beispielsweise Otto Lilienthal seinen Traum aufgegeben und seine „Flugversuche“ nicht gewagt hätte, als alle anderen „Realisten“ ihm erzählten, dass der Mensch nicht fliegen könne, und ihn für diese „Spinnerei“ belächelten…
S. C. O.