Es gibt Tage, die verwischen sich nicht. Sie bleiben präsent. Fast so, als wäre nur ein Augenblick vergangen – alles Geschehene nur einen Augenaufschlag lange her. Nichts ist vergessen: kein Gefühl, kein Erstaunen, keine Ohnmacht. Jedes Erinnern erscheint wie in dem Moment des Erlebens: fast so, als wäre dieser Tag gerade eben tief im eigenen Inneren eingefroren worden.
Und dennoch verändert sich mein Blick wohl doch von Jahr zu Jahr und lenkt die Sicht langsam und stetig auf das, was jede echte Begegnung im Leben tatsächlich immer im Wesentlichen ausmacht: Wenn doch nur zählt, dass etwas oder jemand war, wie kann dies ein „zu kurz“ je schmälern?
Dass, was man vermisst, ist doch nur das scheinbar „Wohlvertraute“, das das Kindergedächtnis verliert und dann nie wiederherstellen kann. Den Klang der Worte und die Stimme, den Gang, die Wärme und das Lächeln – eben all das, was der Mensch mir sicht- und hörbar war.
Und so vergeht ein Jahrestag um einen anderen – und auch der zeitlich immer weiterwachsende Abstand lässt das Vergessen niemals zu. Bis plötzlich klar wird, dass alles, was wir lieben, sich in uns eingräbt, weiterwirkt und mit uns spür- und fühlbar immer bleibt.
S. C. O.